Zeitzeug:in

Eckhard

Eckhard sagt, dass es der Familie in der DDR gut ging. So war sein Vater Mitglied der SED. Bei Eckhard stellte sich aber mit der Zeit ein immer größerer Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit ein. So fand er zum Beispiel den Umgang mit Jugendlichen, die in der Kirche waren, sehr bedenklich. Auch die sogenannte „Aktion Ochsenkopf“ bei der überprüft wurde, ob die Fernsehantennen gen Westen ausgerichtet waren, ließen ihn am System zweifeln. Je mehr Eckhard mitbekam, desto mehr verfestigte sich bei ihm der Grundsatz: „das haut alles so nicht hin“.

Nach seiner Kochlehre fuhr er zur See, wollte aber nie fester Teil einer Besatzung sein und übernahm deshalb Vertretungsstellen für einzelne Schiffe, damit er, wie er sagt, „politisch unter dem Radar“ blieb. Nach zwölf Jahren auf See lernte er seine Freundin, eine Bekannte seiner Schwester bei einer Feier kennen. Mit ihr wollte er den Schritt wagen, in den Westen zu gehen. Eckhard wollte dafür mit seinem Seefahrtsbuch von Bord gehen. Für seine Freundin planten sie eine Flucht, unter anderem mit gefälschten Ausweisen. Dabei nahmen sie Briefkontakt in den Westen nach Kiel auf. Diese Briefe wurden von der Stasi abgefangen, sodass Eckhard sehr zeitnah wusste, dass die Fluchtpläne aufgeflogen waren. Zudem durfte er nicht mehr aufs Schiff. Als es ihm wieder gestattet wurde aufs Schiff zu gehen, wurde er direkt an Bord von der Stasi verhaftet. Genau zur gleichen Zeit wurde auch seine Freundin in Eberswalde festgenommen. Beide kamen in politische Haft. Sie saßen etwa ein Jahr von 1981-1982 jeweils in getrennten Gefängnissen in Cottbus und Hoheneck. Anschließend kamen sie in ein Übergangsgefängnis in das damalige Karl-Marx-Stadt, das heutige Chemnitz. Hier durften sie schließlich ihre Ausreiseanträge stellen. Sie wurden von der Bundesrepublik freigekauft und im Oktober 1982 aus der DDR ausgebürgert. Über das Notaufnahmelager Gießen gelangten sie in ein weiteres Aufnahmelager nach Kiel. Ein Freund, den sie in der Haftzeit kennengelernt haben, brachte sie von Kiel nach Hamburg.

AUDIOFILES

Persönliche Dokumente/Quellen

Der Entlassungsschein, mit dem Eckhard 1982 offiziell aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassen wurde (Copyright: Zeitzeuge Eckhard)

»Orte der (Un-)Sichtbarkeit« ist ein Kooperationsprojekt des Arbeitsfeldes Public History der Universität Hamburg und der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg. Es wird im Bundesprogramm »Jugend erinnert«, in der Förderlinie SED-Unrecht der Bundesstiftung Aufarbeitung gefördert.

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